Wir haben uns tief in das Thema Human Factors Report eingearbeitet und haben alle relevanten Infos für Sie zusammengetragen. In diesem Artikel klären wir die folgenden Fragen:
- Was ist ein Human Factors Report?
- Was muss darin enthalten sein?
- Was sind Best Practices zur Erstellung?
- Wie prüft die FDA den HFR?
- Was sind die größten Herausforderungen bei der Erstellung eines HFR?
Viel Spaß beim Lesen!
Warum ist ein Human Factors Report so wichtig für die Medizinprodukteentwicklung?
Human Factors Engineering soll sichere und einfache Nutzung von Medizinprodukten ermöglich. Dafür werden die menschlichen Fähigkeiten, Grenzen und Eigenschaften berücksichtigt und in den Entwicklungsprozess einbezogen. Hersteller müssen mögliche Anwendungsfehler und daraus resultierende Schäden durch eine gezielte Produktauslegung minimieren.
Ein HFR dient als Nachweis dafür, dass die menschlichen Faktoren, die die Leistung und Sicherheit eines Medizinprodukts beeinflussen können, angemessen berücksichtigt wurden. Der Bericht beinhaltet eine detaillierte Analyse der Benutzerbedürfnisse, der Produktnutzung, der Risiken, der Auswirkungen von Fehlern oder menschlichen Faktoren auf die Leistung und Sicherheit des Produkts.
Die FDA benötigt einen Human Factors Report, um sicherzustellen, dass die Hersteller die menschlichen Faktoren bei der Entwicklung von Medizinprodukten berücksichtigen und die Produkte den Anforderungen entsprechen. Wenn ein HFR nicht vorhanden ist oder nicht den Anforderungen entspricht, kann die FDA die Zulassung des Produkts ablehnen oder weitere Informationen oder Änderungen anfordern, um sicherzustellen, dass das Produkt sicher und effektiv ist.
Hilfestellung: Applying Human Factors
Um die Anforderungen der FDA auch gezielt umsetzen zu können, liefert diese immer wieder Guidance Dokumente, die wichtige Hilfestellung leisten und ein besseres Verständnis dafür schaffen, wie die Umsetzung gelingt.
Ein solches Dokument ist „Applying Human Factors and Usability Engineering to Medical Devices”. Hier wird erklärt (der Titel sagt es bereits), wie Sie Human Factors bzw. Usability Engineering auf die Entwicklung von Medizinprodukten anwenden. Anhang A widmet sich komplett dem Human Factors Report.
Hier heißt es: „A HFE/UE report included in a premarket submission should provide information pertaining to device use safety and effectiveness in summary form. The report should discuss the safety-related HFE/UE considerations, issues, processes, resolutions, and conclusions.” (Source: Applying Human Factors and Usability Engineering to Medical Devices, Appendix A)
Ein kurzer Einschub an dieser Stelle: Was genau ist mit „premarket submission“ gemeint.
Das ist ein Antrag vor dem Inverkehrbringen, der bei der FDA eingereicht wird, um nachzuweisen, dass das zu vermarktende Produkt genauso sicher und wirksam, d. h. im Wesentlichen gleichwertig, ist wie ein rechtmäßig vermarktetes Produkt. Dabei ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Produkte Human Factors Engineering benötigen. Ob das eigene Produkt betroffen ist, muss im Vorfeld im Detail recherchiert werden.
Der Human Factors Report ist also ein essenzieller Teil des Zulassungsprozesses nach FDA. Was genau die weiteren geforderten Inhalte im Detail bedeuten und wie man diese liefern kann, erklärt dann eine Tabelle die im Guidance Dokument direkt auf diese Definition folgt. Wir schlüsseln diese in den nächsten Kapiteln für Sie auf.
Was gehört in einen Human Factors Report?
Das Guidance Dokument liefert eine vollständige Liste der Inhalte eines Human Factors Reports. Dabei sollte die Struktur der vorgeschlagenen Inhalte ebenfalls eingehalten werden. Der Grund hierfür: Wird der HFR in der vorgegebenen Struktur eingereicht, ermöglicht das eine möglichst effiziente Prüfung der Unterlagen durch die FDA.
- Conclusion: Eine Bewertung des eigenen Produkts auf Sicherheit und Effektivität für die vorgesehenen Nutzergruppen. Zudem enthält die Conclusion auch eine kurze Zusammenfassung des Human Factors Engineering/ Usability Engineering Prozesses und dessen Ergebnisse, sowie eine Bewertung des Restrisikos.
- Descriptions of intended device users, uses, use environments, and training: Eine Definition der relevanten Nutzergruppen und deren Eigenschaften, Voraussetzungen und Wissensstände. Die vorgesehene Nutzung und der vorgesehene Nutzungskontext inklusive aller Faktoren, die die Nutzung beeinträchtigen könnten. Auch alle Nutzertrainings und Schulungen müssen hier dokumentiert werden.
- Description of device user interface: Hier müssen Sie eine grafische Repräsentation Ihres Produkts und dessen User Interface dokumentieren. Auch Labels gehören hier dazu. Ebenfalls sollen hier der Bedienablauf mit dem Gerät und die erwarteten Nutzerinteraktionen mit dem User Interface festgehalten werden.
- Summary of known use problems: Hier zählen auch alle bekannten Nutzungsprobleme von Vorgängermodellen und ähnlichen Produkten oder Produkten mit ähnlichem User Interface dazu. Auch Designänderungen als Reaktion auf Nutzungsprobleme, die nach Marktzulassung aufgetreten sind, gehören in diesen Punkt.
- Analysis of hazards and risks associated with use of the device: Alle potenziellen Nutzungsfehler, die daraus entstehenden Risiken und alle Risikomanagement-Maßnahmen zur Beherrschung dieser Risiken sind hier dokumentiert.
- Summary of preliminary analyses and evaluations: Hier dokumentieren Sie, welche Methoden zur Evaluierung Ihres Produkts Sie unternommen haben. Auch alle Ergebnisse dieser Evaluierungen und die daraus abgeleiteten Modifikationen sind hier zu dokumentieren.
- Description and categorization of critical tasks: Hier halten Sie fest, welche Prozesse Sie genutzt haben, um kritische Bedienschritte zu identifizieren. Zudem müssen Sie eine Liste samt Beschreibung der jeweiligen kritischen Bedienschritte liefern. Die Inhalte müssen nach Schweregrad des potenziellen Schadens durch die Nutzung geordnet sein. Auch alle Use Scenarios, die diese kritischen Bedienschritte enthalten, müssen beschrieben werden in diesem Punkt.
(Source: Applying Human Factors and Usability Engineering to Medical Devices, Appendix A)
Der achte und letzte Punkt ist so umfangreich, dass wir ihn separiert haben und die einzelnen Punkte aus dem Guidance Dokument darunter aufgelistet haben:
Details of human factors validation testing:
- Neben einer Rationale für die gewählte Testmethode halten Sie hier die Testbedingungen und die Anwendungsbedingungen fest.
- Ebenfalls enthalten sind: die Anzahl der Testteilnehmer und eine Dokumentation der Schulung, die diese erhalten haben.
- Zudem müssen Sie die kritischen Nutzungsschritte und Anwendungsszenarien, die in die Tests einbezogen werden, dokumentieren.
- Es muss festgehalten werden, wie die erfolgreiche Durchführung der einzelnen Testaufgaben aussieht.
- Sie brauchen eine Dokumentation über die Beschreibung der zu erfassenden Daten und der Methoden zur Dokumentation von Beobachtungen und Befragungen.
- Ebenfalls enthalten sein müssen die Testergebnisse: Beobachtungen der Aufgabenausführung und des Auftretens von Anwendungsfehlern, Beinahe-Unfällen und Nutzungsproblemen
- Weitere Testergebnisse, die zu dokumentieren sind: Feedback aus Interviews mit den Testteilnehmern bezüglich der Gerätenutzung, kritischer Aufgaben, Anwendungsfehler und Probleme (falls vorhanden)
- Daraus abgeleitet müssen Sie das folgende liefern: Eine Beschreibung und Analyse aller Anwendungsfehler und Schwierigkeiten, die zu Schäden führen könnten
- Alle Ursachen der Probleme und Vorschläge für die Beseitigung oder Verringerung zusätzlicher Risiken
(Source: Applying Human Factors and Usability Engineering to Medical Devices, Appendix A)
Was sind die Best Practices zur Erstellung eines HFRs?
Folgende Best Practices haben wir für Sie identifiziert:
- Dokumentieren Sie all Ihre Human Factors Tätigkeiten lückenlos.
- Stellen Sie sicher, dass alle dokumentierten Inhalte nachvollziehbar sind!
- Schenken Sie dem Nachweis darüber, wie potenzielle Nutzungsfehler identifiziert und abgemildert bzw. ausgeschlossen werden, besondere Aufmerksamkeit!
- Überprüfen Sie Ihre Dokumentation immer, wenn Sie etwas ändern.
- Versuchen Sie wo möglich auf andere Dokumentationen zu verweisen und den HFR so übersichtlich zu halten
- Hier auch noch einmal der Hinweis: Halten Sie sich an die von der FDA vorgeschlagene Struktur des Human Factors Reports!
Wie wird ein HFR von der FDA geprüft?
Auf folgende Punkte legt die FDA besonderes Augenmerk bei der Überprüfung eines HFR:
- Vollständigkeit und Genauigkeit: Es ist wichtig, dass Ihr Human Factors Report vollständig und eindeutig ist. Unstimmigkeiten und Unklarheiten sollten auf jeden Fall vermieden werden! Achten Sie darauf, die obenstehenden Punkte, die Ihnen das Guidance Dokument vorgibt, auch allesamt geliefert zu haben.
- Relevante Vorschriften: Der Human Factors Report muss den geltenden Vorschriften und Leitlinien entsprechen, wie z.B. der FDA-Leitfaden für die Durchführung von Human Factors Studies und die Norm ISO 14971 für die Risikomanagementprozesse für Medizinprodukte.
- Methodik: Hier wird vor allem auf die Auswah der richtigen Tasks und die Wahl der richtigen Dummies wertgelegt.
- Datenqualität: Die Qualität der im Human Factors Report verwendeten Daten muss angemessen sein und die Bedürfnisse und Anforderungen der Benutzer und potenzielle Risiken für die Sicherheit und Wirksamkeit des Produkts oder Systems korrekt widerspiegeln.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Erstellung eines Human Factors Report?
Hier sind einige der größten Herausforderungen bei der Erstellung eines HFR:
- Komplexität: Menschliche Faktoren sind oft komplex und schwer zu quantifizieren. Es kann schwierig sein, die Auswirkungen von menschlichen Faktoren auf die Nutzung eines Produkts oder Systems zu verstehen und Empfehlungen abzuleiten.
- Datenerfassung: Die Erfassung von Daten über menschliche Faktoren kann schwierig sein, da es oft schwierig ist, geeignete Probanden oder Experten zu finden, um die Daten zu sammeln. Es kann auch schwierig sein, genaue und relevante Daten zu sammeln, die zur Analyse verwendet werden können.
- Analyse: Die Analyse von Daten über menschliche Faktoren erfordert oft spezielle Kenntnisse und Erfahrung. Es kann schwierig sein, die richtigen Methoden und Werkzeuge zur Analyse der Daten zu wählen und die Daten auf eine Weise zu interpretieren, die sinnvolle Empfehlungen ermöglicht.
- Sprachbarrieren: Wenn das Produkt oder System in verschiedenen Sprachen verwendet wird, kann die Kommunikation mit den Benutzern schwierig sein. Es kann erforderlich sein, spezielle Übersetzungen und Lokalisierungen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die menschlichen Faktoren in verschiedenen Sprachen berücksichtigt werden.
- Zeit- und Budgetbeschränkungen: Die Erstellung eines umfassenden Human Factors Reports erfordert oft viel Zeit und Ressourcen, insbesondere wenn umfangreiche Datenerfassungs- und Analysemethoden verwendet werden. Es kann schwierig sein, diese Ressourcen innerhalb eines engen Zeitplans oder Budgets zur Verfügung zu stellen.
- Kommunikation: Die Ergebnisse eines Human Factors Reports können komplex und schwer zu verstehen sein, insbesondere für Personen, die nicht mit der Thematik vertraut sind. Es ist wichtig, die Ergebnisse des Berichts auf eine klare und verständliche Weise zu kommunizieren, um sicherzustellen, dass sie von den relevanten Personen und Gruppen verstanden und umgesetzt werden können.
Fazit
Das Guidance Dokument „Applying Human Factors and Usability Engineering to Medical Devices” liefert die grundlegende Struktur für den Human Factors Report und gibt Hinweise, was die einzelnen Abschnitte enthalten müssen.
Besonders wichtig ist es, die von der FDA empfohlene Struktur des Berichts einzuhalten, alle Inhalte lückenlos und nach den Vorgaben zu dokumentieren und Ihre Ergebnisse klar, präzise und leicht verständlich zu kommunizieren.
Sie brauchen Hilfe bei Ihrem Human Factors Report oder der Usability Dokumentation generell? Melden Sie sich gerne über unser Kontaktformular. Wir freuen uns auf Sie.